Analyse

Stand: 03.09.2021 12:56 Uhr

Acht Köpfe sollen die Trendwende bringen: Drei Wochen vor der Wahl stellt die Union ihrem schwächelnden Kanzlerkandidaten ein Team an die Seite. Mehr Schultern, mehr Chancen? Tom Schneider über „Doro“, „Andi“ und die anderen.

Von Tom Schneider, ARD Hauptstadtstudio

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Der Kandidat führt auch weiter die Sache allein an. Daran soll die Bühne in der Berliner CDU-Zentrale keinen Zweifel lassen. Armin Laschet bittet die Mitglieder seines sogenannten Zukunftsteams nacheinander und einzeln zu sich. Es soll wohl jeder Anschein vermieden werden, der Kandidat brauche allzu viel Rückendeckung.

Der Eindruck könnte aufkommen, nachdem der Teamgedanke in der Union in den vergangenen Monaten durchaus gelitten hat. Landauf, landab wirken die Wahlkämpfenden verunsichert: Von „Hühnerhaufen“ war zuletzt intern die Rede und von der realen Sorge, die Wahl am 26. September tatsächlich zu verlieren.

„Ich hoffe, die Truppe wacht jetzt auf“

Friedrich Merz ist seine Ungeduld anzumerken. „Ich hoffe, die Truppe wacht jetzt auf“, zischt er, angesprochen auf die immer schlechteren Umfragewerte. Sein Name gehört zu den wenig überraschenden an diesem Morgen im Konrad-Adenauer-Haus. Zum engeren Team des Kanzlerkandidaten gehörte der Finanz- und Wirtschaftspolitiker ohnehin schon.

Auch Dorothee Bär, die CSU-Digital-Staatsministerin aus dem Kanzleramt, ist als Frau für die Technologiethemen in der Union bekannt. Andreas Jung, der Fraktionsvize aus dem Bundestag, hat in letzter Zeit vermehrt umweltpolitische Themen besetzt. Zu ihnen scheint Laschet auch besondere Nähe herausstellen zu wollen: Als „Doro“ und „Andi“ treten sie an seine Seite.

 

Kristin Schwietzer, ARD Berlin, zum Team um Kanzlerkandidat Laschet

tagesschau 12:00 Uhr, 3.9.2021

 

Auffällig ist, dass Jens Spahn nicht unter den Auserwählten ist. Man habe auch Vertreter außerhalb der Politik einbeziehen wollen, so die Erklärung. So, wie die zwei Polit-Neulinge, die Laschet präsentiert: Der Sicherheitsexperte Peter R. Neumann etwa, der dem Fernsehpublikum durch Einschätzungen zur Terrorbedrohung ein Begriff ist. Er berät Laschet seit längerem in Fragen der inneren und äußeren Sicherheit, fremdelt aber doch noch wahrnehmbar mit der neuen Rolle. „Ich bin ja kein Politiker“, sagt er zu Beginn. „Deshalb will ich sagen, warum ich mir das antue.“ Ein Satz, den Laschets Wahlkampfregie so vielleicht nicht vorgesehen hat. Eher schon viel Lob für die „menschlichen Qualitäten“ Armin Laschets und seinen „klaren Kompass“, wie Neumann hervorhebt.

Zu den überraschenden Experten an Laschets Seite gehört auch Joe Chialo, der in Berlin für einen großen Musikverlag arbeitet und Impulse für die Unterstützung der Kultur- und Kreativwirtschaft geben soll. Auf die Zukunftssorgen der Branche in Folge der Corona-Pandemie will die Union mit einer besseren Sozialversorgung reagieren.

Bei den Themen Bildung und sozialer Zusammenhalt setzt Laschet auf Kompetenz aus Ländern und Kommunen. Mit Karin Prien, der Bildungsministerin aus Schleswig-Holstein, holt er eine Frau mit schwarz-grüner Regierungserfahrung an seine Seite. Barbara Klepsch aus Sachsen soll als ehemalige Bürgermeisterin von Annaberg-Buchholz für Bürgernähe und Ost-Kompetenz stehen.

 

Laschet stellt Expertenteam vor

Christian Feld, ARD Berlin, tagesschau 12:00 Uhr, 3.9.2021

 

Die „Erststimmenqueen“ ist auch dabei

Silvia Breher schließlich besetzt das Thema Familie. Die 48-Jährige wurde Ende 2019 überraschend stellvertretende Parteivorsitzende. Sie bringt auch ins Team, wovon Laschet derzeit nur träumen kann: Einen deutlichen Wahlerfolg, mit dem sie 2017 in den Bundestag einzog – als „Erststimmenqueen“, wie Laschet bewundernd anfügt. Der Gegner in den verbleibenden gut drei Wochen benennt Laschet klar: die SPD. „Ich frage mich, wie eigentlich die Mannschaft der SPD aussieht“, sagt er zum Abschluss. „Da werden viele versteckt.“

Gleichzeitig betont man im Konrad-Adenauer-Haus aber auch: „Zukunftsteam“-Mitglieder würden im Falle einer Regierungsbeteiligung nicht automatisch auch Minister.

 

Quelle: Tagesschau