Mangel? Psssssst! Bloß nicht drüber reden!

Wenn es Mangel gibt, soll man nicht berichten, dass es einen Mangel gibt, weil die Leute dann denken, dass es einen Mangel gäbe, woraufhin sie einen Mangel erzeugen, den es sonst nicht gegeben hätte. Echt jetzt?

Ist der Mangel schon überall spürbar? „Geht Tankstellen in Baden-Württemberg der Sprit aus?“, fragt der SWR und beschreibt in knappen Worten, dass einigen Tankstellen im Ländle Benzin, Diesel und Autogas fehlen. Es gibt einige Andeutungen zu den Ursachen, Transportprobleme werden vermutet, die Flüsse führten auch zu wenig Wasser. Vieles ist möglich, manches wahrscheinlich. Die Mineralölraffinerie Oberrhein teilte zwar mit, es gebe keine Probleme mit der Produktion, was jedoch nicht die Frage war und irgendwie ausweichend klingt. Kurzum: wir wissen nichts Genaues und der SWR gräbt hier lieber nicht tiefer.

Die Vermutung, die Verknappung könnte in Zusammenhang mit der allgemein angespannten Energiesituation stehen, drängt sich zwar auf, doch diese Karte spielt der SWR lieber nicht direkt. Nun kann es tatsächlich viele Ursachen für solche lokalen Knappheiten geben. Von Energiepreisen über Lieferketten bis zu niedrigen Flusspegeln ist da alles drin. Viel interessanter als den Artikel selbst fand ich jedoch den Leserkommentar von Herrn K.:

„Liebes SWR und andere Medien, Ich bitte sie dringlich darum eine in irgendeiner Weise Panikmachende Berichterstattung zum Thema mangelnde Spritverfügbarkeit zu unterlassen. Denn es gibt de Facto keinen Mangel, der einzige Weg wie jetzt Probleme entstehen können, ist wenn die Bevölkerung DENKT es gäbe einen Mangel, deswegen alle gleichzeitig zur Tankstelle fahren und tanken wollen. Denn dann entsteht kurzfristig ein tatsächlicher Mangel und der Vorgang von oben wiederholt sich. Das ist das altbekannte Phänomen des Bank Runs. Es ist genug für alle da. Nur eben nicht gleichzeitig. Wenn es tatsächlich zu größeren Problemen kommt, dann sind Sie und andere Medien daran Schuld.“

Wenn es also Mangel gibt, soll man nicht berichten, dass es einen Mangel gibt, weil die Leute dann denken, dass es einen Mangel gäbe, woraufhin sie einen Mangel erzeugen, den es sonst nicht gegeben hätte, weil es ja de facto keinen Mangel gibt? Was aber tun, wenn es einen Mangel wirklich gibt? Vielleicht berichten, dass es keinen Mangel gibt, obwohl es einen Mangel gibt? Und wenn die Menschen merken, dass es einen Mangel gibt, obwohl berichtet wird, dass es keinen Mangel gibt? Hat man keinen Mangel, weil nicht darüber berichtet wird? Oder Mangel nur, wenn und weil darüber berichtet wird? Mangelt es also an Mangel oder an Berichten? Ist de facto immer genug für alle da, weshalb wir überhaupt nichts zu bemängeln haben? Oder ist der Mangel an Berichten und die Mängel in den Berichten das, was de facto zu bemängeln ist?

Das „altbekannte Phänomen“ des Bank Runs wird ja tatsächlich von einem Mangel ausgelöst. Nur eben nicht von einem Mangel an Geld, ebenso wie ein „Run“ auf Tankstellen nicht vom Mangel an Sprit ausgelöst wird. Der Mangel an Sprit und Geld ist immanent! Keine Bank hat genug Geld und keine Tankstelle genug in den Tanks, wenn es zum „Run“ kommt. Es mangelt zwar offensichtlich an etwas, das man nicht mit den Worten „bitte gehen Sie weiter, es gibt keinen Mangel“ herbeireden oder durch mangelnde bzw. mangelhafte Berichterstattung erzeugen kann. Es gibt einen Mangel an Vertrauen! Vertrauen in eine Bank, eine Währung, in ein Netz von Lieferketten oder den Willen einer Regierung, die Versorgung einer Volkswirtschaft mit Energie ernsthaft sicherzustellen, anstatt sich in ein Wolkenkuckucksheim der Weltrettung durch Dekarbonisierung zu versteigen. Und da wäre ja noch das geschwundene Vertrauen in die Berichterstattung vieler Medien, die mal mangelhaft und mal voller Mängel über den Vertrauensverlust berichten.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Unbesorgt.de.

 

Quelle: Achgut