
Der Impfstatus von Sachsens Corona-Kranken
Von der „Pandemie der Ungeimpften“ ist die Rede, weil es ja nur an selbigen liegt, dass der Corona-Ausnahmezustand nicht endet. Stimmt das? Ein Blick in das deutsche Land mit dem größten Ungeimpften-Anteil.
Der Ausdruck „Pandemie der Ungeimpften“ ist zur Schlagzeile geworden. Bevorzugt dann, wenn erklärt und bewiesen werden soll, dass nicht-vakzinierte Bürger verantwortlich für die steigenden Coronazahlen sein sollen. Doch stimmt das Narrativ? Ein differenzierter Blick auf diverse Zahlen der sächsischen Corona-Statistik lässt Zweifel aufkommen.
Schauen wir zunächst auf registrierte Impfdurchbrüche in Sachsen (40. bis 44. Kalenderwoche) aufgelistet nach Altersgruppe die Zahl der Menschen mit vollständigem Impfstatus, bei denen Covid-19 labordiagnostisch festgestellt wurde und die Angaben, wie viele davon hospitalisiert und intensivpflichtig waren und wie viele verstorben sind:
Alter / Fälle / hospitalisiert / intensiv / verstorben
>20 / 134 / – / – / –
20–30 / 577 / 3 / – / –
30–40 / 1.026 / 5 / – / –
40– 50 / 1.164 / 11 / – / –
50– 60 / 1.223 / 18 / – / 1
60–70 / 1.013 / 34 / 1 / 1
70–80 / 591 / 53 / 4 / 7
80–90 / 419 / 84 / 5 / 18
90+ / 88 / 23 / – / 17
(Quelle: Sozialministerium Sachsen, Stand 8.11.2021)
Während des Erfassungszeitraums gelangten 231 vollständig Geimpfte auf Normal-Corona-Stationen in Sachsen, und 10 davon waren intensivpflichtig. Die insgesamt 6.235 positiv Getesteten (vollständig Geimpften) gehen mit in die Daten ein und verursachen eine sogenannte statistische Verzerrung. Zwar sind Reliabilität und Validität der Inzidenz-Daten gering, dennoch gelten sie als Parameter für politische Entscheidungen. Verzerrte Statistiken bedingen verzerrte politische Entscheidungen, könnte man sagen. Es ist zu befürchten, dass auch die 44 Verstorbenen als Corona-Tote in die Zahlen des Landesamtes für Statistik in Kamenz eingehen werden. Die Aussage „Pandemie der Ungeimpften“ ist – statistisch gesehen für Sachsen – nicht belegbar.
Wirkungslose Aussagen des Klinikchefs
In einer Online-Konferenz am 1. November, u.a. mit Sachsens Ministerpräsident Kretschmer, Sozialministerin Köpping, dem Vorsitzenden der sächsischen Impfkommission und Klinikchefs, machte der Chef des Leipziger Uniklinikums, Prof. Christoph Josten eine Bemerkung, die aufhorchen ließ. (Ab 1:49:52 min in der Videoschalte.) Wörtlich:
„Ich komme auf das Verhältnis Geimpft / Ungeimpft. Von unseren 18 Intensivpatienten sind 8 Geimpfte. Und bei der Normalstation ist sogar ein größerer Anteil Geimpfte als Nichtgeimpfte. Das heißt, auch die Geimpften … stellen eine nicht unerhebliche Gefahr da. Insofern muss man über 2G und 3G noch mal nachdenken … das heißt: Geimpfte konkurrieren um Behandlungsplätze mit Nichtgeimpften.“
Am Ende fragt der Ministerpräsident nach, ob er das gerade richtig gehört habe. Als Josten mit Ja antwortet, erwidert Kretschmer knapp: „Aha“.
Im Landkreis Görlitz sind die Stationen ebenfalls zu 50 Prozent mit doppelt Geimpften belegt. Spätestens hier offenbart sich die Erkenntnis: Impfquote, Impfdruck, 2G- bzw. 3G-Regeln oder diverse Anti-Coronamaßnahmen konnten die endemische Ausbreitung des Virus, also gleichmäßig über alle Alterskohorten hinweg über einen bestimmten Zeitraum in einer Region, nicht aufhalten. Befördert wird das Szenario von der offenbar nur sehr geringen Wirksamkeit der Impfstoffe. Dazu gibt es auf Achgut.com zahlreiche Ausführungen u.a. hier, hier und hier.
Interne Mitteilung der Uniklinik Leipzig wirft Fragen auf
In einem Covid-19-Update vom 11. November 2021 wird die Belegschaft des Uniklinikums Leipzig folgendermaßen informiert:
„Der Anteil der ungeimpften Patienten beträgt auf der ITS 75 Prozent, auf der Normalstation 35 Prozent. Dementsprechend sind auf der COVID-Normalstation 65 Prozent der Patienten geimpft“.
Weiter heißt es:
„Das hat den Hintergrund, dass alle SARS-CoV-2 positiven Patienten auf den beiden COVID-Stationen kohortiert werden, auch wenn diese nicht an COVID-19 erkrankt sind, sondern nur im Aufnahmescreening positiv getestet wurden. Dazu gehören auch Wöchnerinnen, gynäkologische Patientinnen, Unfallverletzte, Patienten nach Herzinfarkt etc. Das schließt eine hohe Zahl von Patienten mit Vor- und Begleiterkrankungen ein, die den Immunschutz einschränken …“
Gegen Aufnahmescreening und Kohortierung ist nichts einzuwenden. Das geschieht zum Schutz aller Patienten. Doch es wird deutlich: Patienten, die nicht wegen Covid-19 in die Klinik kommen, aber dort positiv getestet werden, gelangen in die Corona-Statistik, die somit in gewisser Weise konfundiert wird. Denn die Statistik sieht die Variable „Aufgenommen, positiv getestet, ist aber wegen anderer Behandlung hier“ nicht vor.
Die statistische Aussagekraft der Corona-Grunddaten in Sachsen – und nicht nur hier – ist dünn. Es ist u.a. zu hinterfragen:
- Wie viele positiv Getestete gibt es auf wie viele durchgeführte Tests?
- Wie viele sind positiv getestet und nicht symptomatisch?
- Wie viele positiv Getestete und an Covid Erkrankte gelangen auf Klinik-Stationen?
- Sollten Kinder, die die Infektion relativ gut und oft symptomlos durchstehen, in der Statistik anders gewichtet bzw. gesondert ausgewiesen werden?
Das bleibende Hauptproblem ist: Die Corona-Daten sind nicht repräsentativ für die Grundgesamtheit, also für die gesamte Bevölkerung, denn sie stammen nicht aus einer Zufallsstichprobe. Daher ist die Aussagefähigkeit der Parameter (Inzidenzen, Klinikauslastung etc.) – wie bereits beschrieben –, die die politischen Entscheidungen beeinflussen, schwach.
Flexible Quarantäne bei Schülern
Auf der Seite des Kultusministeriums sind die wöchentlichen Infektionszahlen aufgeführt. Allein in der 44. Kalenderwoche gab es demach 1.175 Corona-Fälle bei Schülern. Statistisch unsauber ist, dass eine wichtige Frage unbeantwortet bleibt: Wie viele Fälle davon sind PCR-positiv und landen in der Corona-Statistik? Das Kultusministerium Sachsen hat in einigen Aspekten umgedacht. Es gilt jetzt das „Banknachbar-Prinzip“. Wird ein Schüler positiv getestet, zieht das nicht mehr eine 14-tägige Quarantäne für die gesamte Klasse nach sich, sondern nur für den positiv Getesteten und dessen jeweiligen Banknachbarn. Der kann sich aber nach fünf Tagen freitesten. Vorher führte in diese sinnvolle Regelung kein Weg rein.
„Mit einem falschen Impfversprechen betrogen“
In seinem Corona-Kompass beim MDR beschreibt der Hallenser Virologe und Epidemiologe Prof. Alexander Kekulé, der ein Befürworter der Impfung ist, die momentane Situation.
Zunächst äußerte sich (ab 5:16 min) der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach:
„Wir haben uns ja von einem stärkeren Impfgeschehen versprochen, dass wir doch wieder ein Stück Normalität zurückbekommen. Und wenn wir jetzt sagen: es ist ganz egal, ob wir eine hohe Impfquote haben oder nicht, es wird sowieso alles abgesagt. Dann werden viele natürlich die andere Frage stellen: warum soll ich mich impfen lassen, wenn es danach sowieso wieder einen Lockdown gibt.“
Dazu Prof. Kekulé im Podcast: (ab 5:55 min)
„Was Bosbach da ausspricht: … die Menschen sind ein bisschen betrogen worden. Das ist das sogenannte falsche Versprechen der Impfung, dann Bundeswerbung gemacht und volle Konzertsäle gezeigt, Leute die also munter Party machen und so die Devise ausgegeben: Wir impfen uns für die Freiheit, damit alles so ist wie vorher … das war ja für die Hörer dieses Podcast von Anfang an klar, dass es ein falsches Versprechen ist, weil es keine sterilisierende Immunität gibt bei dieser Impfung … es bleibt also die knallharte Wahrheit: auch Geimpfte übertragen dieses Virus in erheblichem Maße …“
Noch im Sommer hieß es in einigen Medien: „Jahrelanger Schutz nach Impfung!“
Stephan Kloss ist freier Journalist. Er lebt in Leipzig und studiert Psychologie.
Quelle: Achgut