In seiner Weihnachtsbotschaft an die Beschäftigten des Gesundheitswesens drückte SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach gestern nicht nur pathetisch auf die Tränendrüse, sondern auch gleich seinen ganzen bleckenden Zynismus aus: „Ich weiß, was Sie geopfert haben”, sagte er mit Blick auf die Anforderungen der sogenannten Pandemie, und erklärte: „Ich möchte Ihnen ausdrücklich persönlich ganz herzlich für die geleistete Arbeit danken. Ohne diese Arbeit könnten wir diese Herausforderung nicht bewältigen…. Sie verdienen Respekt und Bewunderung.”
So etwas äußert ausgerechnet der Minister, der die Einführung einer gesetzlichen Impfpflicht just für die jetzt von ihm belobigten Berufsgruppen durchgesetzt hat. Eine Impfpflicht, die es nie hätte geben dürfen, und die nun zunächst unzählige Mitarbeiter der Heil- und Pflegeberufe vor ein furchtbares persönliches Dilemma stellt, ehe sie dann in eine allgemeine Impfpflicht überleiten soll. Geht es eigentlich noch verlogener und heuchlerischer? Für den Fall von deren Umsetzung haben bekanntlich etliche Ärzte und Krankenpfleger angekündigt, ihren Beruf aufzugeben; daran beißt die Maus keinen Faden ab, so und nicht anders wird es kommen.
Mit der Impfpflicht und damit verbundenen faktischen Berufsverboten zerstört die Politik aber nicht nur berufliche Existenzen oder Karrieren jener, die sich von einem lobbyhörigen Staat keinesfalls in ihre körperliche Autonomie hineinregieren lassen werden. Sondern sie macht auch dem verbleibenden, dann vorbildlich durchgeimpften und -geboosterten Personal die Arbeit schwer bis unmöglich, weil sie die entstehenden Personallücken so schnell niemals schließen kann. Bund und Länder schafften es bekanntlich nicht einmal, mitten in der tödlichsten Pandemie aller Zeiten dem ominösen Schwund von je nach Zählweise 4.500 bis 9.000 Intensivbetten seit Ende 2020 entgegenzuwirken, der ja angeblich auf Pflegepersonalengpässe zurückzuführen sei (plausibler sind eher Taschenspielertricks der wirtschaftlich operierenden Kliniken)!
Verlogene „Opfer“-Würdigung
Wie wollen sie eine auch nur 6-prozentige Impfverweigererquote, von der alleine in den Pflegeberufen ausgegangen wird (die genaue Zahl ist mangels Impfregister unbekannt), so schnell kompensieren? Es gab 2019 5,7 Millionen Mitarbeiter im deutschen Gesundheitswesen; hier drohen folglich potentiell hunderttausende Entlassungen, sollte die Impf-Erpressung fehlschlagen. Der Blick in die USA ist in diesem Zusammenhang hilfreich: Dort mussten etliche Kliniken (und auch andere Wirtschaftszweige) den von der Biden-Administration verfügten Impfzwang nicht nur aussetzen oder widerrufen, sondern teilweise ihre deswegen ausgeschiedenen Ex-Mitarbeiter händeringend anflehen, wieder in den Dienst zurückzukehren – da sonst die dauerbeschworene Gefahr des Gesundheitssystem-Kollaps tatsächlich eingetreten und der ganze Laden an die Wand gefahren wäre.
Soweit kann und wird es in Deutschland auch kommen, wenn gemäß dem beschlossenen Gesetz zur zunächst „einrichtungsbezogenen Impfpflicht“ ab spätestens 16. März 2022 Ernst gemacht wird – und die ersten Ungeimpften ihre Dienstausweise abgeben müssen. Wie verträgt sich dies mit Lauterbachs gestrigem Versprechen an die Gesundheitsmitarbeiter: „Ich werde alles tun, was ich kann, um Ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern”? In Wahrheit sind ihm und seinen Sektenbrüdern diese Arbeitsbedingungen völlig gleichgültig – ebenso wie die Situation der von deren Verschlechterung akut betroffenen Patienten; denn die Impfung muss durchgesetzt werden, koste es was es wolle.
Paradoxerweise nennt Lauterbach in seiner Weihnachtsnote sogar eben diese Impfung als Ausrede, warum die Krise im Gesundheitswesen weiter anhalte: „So dramatisch wie die Situation letztes Jahr in den Pflegeeinrichtungen insbesondere gewesen ist, so hatten wir doch die Hoffnung, dass wir über die Impfkampagne im Laufe des Jahres aus der Pandemie herauskommen könnten. Leider ist das nicht eingetreten”, führte er in seiner gestrigen Grußbotschaft aus. Man beachte hier vor allem die Vokabel „Hoffnung“: Aus dem Munde Lauterbachs ist diese ungefähr so glaubwürdig, wie wenn ein IS-Terrorist von Nächstenliebe redet. Denn was dieser SPD-Kakophoniker in einer gefühlten Myriade Talkshowauftritte seit März 2020 immer wieder tat, war Hoffnungen zu zerschlagen, Pessimismus und Furcht zu verbreiten, den jeweiligen Worst Case zum wahrscheinlichsten Fall auszurufen. Seine Angstopfer haben ihn darüber lieben gelernt – und ihn am Ende sogar auf den Schild gehoben („Wir wollen Karl!„); keine Laune eines grimmigen Schicksals, sondern nur eine weitere Spielart der ewigen geschichtlichen Weisheit, dass die dümmsten Kälber ihre Metzger selber wählen.
Dauerhafte nutzlose Bürgerpflicht
Leider zieht Lauterbach aus seinem zutreffenden Befund, dass die Impfkampagne die „Pandemie“ nicht überwinden konnte, nicht die einzig logische Schlussfolgerung – nämlich den sofortigen Ausstieg aus diesem medizinischen Großexperiment, das keinen signifikanten Nutzen, dafür aber jeder Menge Risiken birgt. Im Gegenteil: Er hält am Impfdiktat entschiedener fest denn je – und will es als dauerhafte regelmäßige Bürgerpflicht verankern.
Auch unter noch einem Aspekt erweist sich dieser Minister ein weiteres Mal als Totalausfall: Natürlich verliert Lauterbach kein Wort darüber, dass die Überlastungssituation im Klinikwesen überhaupt nichts Neues ist; dass die Zustände, unter denen vor allem Deutschlands Krankenhaus- und Pflegekräfte schuften, schon seit vielen Jahren am Limit waren. Diese wurde lange vor Corona ständig artikuliert, stießen damals aber auf Desinteresse der Bevölkerung und der Medien. Hier lag auch im gesundheitspolitischen Vorzeigekand Deutschland – unbeachtet von der Öffentlichkeit – soviel im Argen, dass es dann mit dem Beginn der „Pandemie“ ein Leichtes war, die durch Corona schlagartig erhöhte Aufmerksamkeit, Sensibilität und Vigilanz der Bevölkerung auf Zustände zu lenken, die in Wahrheit schon lange zuvor prekär waren.
90 Prozent dessen, womit den Menschen bis heute im Kontext dieser Pandemie das Fürchten gelehrt wird, war und ist die Uminterpretation einer systemischen saisonalen Dauerbelastung als angebliche virusbedingte Ausnahmesituation. In Italien (Bergamo!), Spanien, Brasilien und auch den USA wurde das bereits in der Frühphase der Pandemie deutlich: Wer irgendwann vor 2020 schon einmal die Zustände in italienischen Kliniken erlebt hat, für den waren weder überfüllte Klinikflure noch am Ende ihrer Kräfte stehende Ärzte nichts Neues. „Solidarisches” Gemeinschaftssingen und Töpfekläppern von Balkonen gab dennoch auch dort erst durch Corona. Von dieser Dankbarkeit der Gemeinschaft für ihre Gesundheits- und Krisenretter ist anderthalb Jahre später so viel übrig geblieben, dass man sie heute vor die Wahl „Spritze oder Jobverlust“ stellt.
Spritze oder Jobverlust
Auch Phänomene wie flächendeckend überfüllte Intensivstationen, die etwa die Umleitung angelieferter Notfallpatienten in oft weit entfernte Kliniken nötig machten und Rettungswagenbesatzungen teilweise zu nächtlichen Odysseen zwangen, hatten vor Corona keinerlei Nachrichtenwert. Sie fanden allenfalls Eingang in TV-Dokumentation, in denen der Alltag von Deutschen, die Nachtarbeit verrichten, begleitet wurde – und wo dann, neben beispielsweise Ordnungshütern im Rotlichtviertel oder Zöllnern am Flughafen, eben auch die Arbeit von Rettungssanitätern gezeigt wurde, die mit ihrem schwerverletzten Patienten an Bord von einer Klinik zur nächsten geschickt werden, weil wegen einer Grippewelle nirgendwo ITS-Betten frei waren. Alles völlig banal… ein im „Löwenzahn“- oder „Sendung mit der Maus“-Stil aufbereitetes Normalgeschehen, das damals weder zu Triage-Warnungen oder Zusammenbruchswarnungen noch zu Lockdowns führte. Die Krönung der Umdichtung des immer Dagewesenen zum epischen Katastrophenfall war dann vor einem Monat übrigens die inszenierte Verlegung von sechs (!) Corona-Intensivpatienten mit einer Luftwaffenmaschine in auswärtige Kliniken vor einem Monat; eine an Lächerlichkeit und volksverdummender Manipulation nicht mehr zu überbietende Aktion angesichts der Tatsache, dass jedes Jahr viele hunderttausend solcher Verlegungen stattfinden – und zwar ganz ohne Bundeswehr und eigens hinzubestellen Fotografenpulk: So wurden alleine 2017 nicht weniger als 770.000 Klinikpatienten für komplexere Behandlungen in andere Krankenhäuser verlegt.
Lauterbach hat all das nicht nur gewusst und die Parallelen zur „vorpandemischen“ Realität gekannt, als er seine penetrante Talkshow-Tournee als oberster Seuchenschreck der Nation begann. Sondern diese Realität war ihm zuvor auch schlichtweg egal gewesen – genau so wie die jämmerlichen Vergütungen und teilweise unmenschlichen Dienstzeiten des chronisch überlasteten Ärzte- und Pflegepersonals, dem er die Reverenz entbietet. Schlimmer noch; er wäre sogar bereit gewesen, die Überlastung sehenden Auges zu verschärfen: Ausgerechnet er gehörte zu denen, die die „Effizienz“ im Gesundheitswesen über Vorsorge und Versorgungsredundanzen stellen wollten. Denn noch im Sommer 2019, ein halbes Jahr vor Ausbruch der Wuhan-Coronavariante, hätte es der Pharma- und Gesundheitslobbyist Lauterbach gerne gesehen, wenn jede zweite deutsche Klinik dichtgemacht hätte – mit der Begründung, dass 40 Prozent der Häuser Operationen durchführten, ohne die Mindestquoren für anspruchsvolle Eingriffe zu erfüllen, was ineffizient sei. Andere Behandlungen – etwa Beatmungen bei Atemwegserkrankungen wie bei Corona, von „Long Covid“ ganz schweigen – wären bei Lauterbach damals vermutlich noch unter „Überflüssiges“ gelaufen:

Zu diesem geforderten Kahlschlag kam es nicht. Es waren vor allem das Primat einer regionalisierten Grundversorgung – demzufolge von jedem Notfallort binnen 30 Minuten das nächste Krankenhaus erreichbar sein muss -, aber auch etablierte föderalen Strukturen und die oftmals kommunalen Trägerschaften der Kliniken, die damals die Umsetzung der Zentralisierungspläne zugunsten großer polymedizinischer Behandlungszentren verhinderten. Vor allem jedoch liefen Gewerkschaften, Pfleger- und Ärzteverbände gegen entsprechende Forderungen Sturm – weil durch sie zehntausende Beschäftigte in die Arbeitslosigkeit getrieben worden wären. Denn anders als von Lauterbach praxisfremd behauptet, lässt sich die Belegschaft eines dichtgemachten Krankenhauses in der Provinz, selbst bei Angebot der Weiterbeschäftigung, eben nicht ohne Weiteres in eine 150 Kilometer entfernte künftige medizinische Schwerpunkt- oder Großklinik umpflanzen (auch wenn Gesundheitssozialisten am Reißbrett dies glauben). Ein Gutteil dieser Fachkräfte hätte auf der Straße gestanden – darunter übrigens genau die, denen Lauterbach heute heuchlerisch seinen weihnachtlichen „Dank“ ausspricht.
Und noch aus einem anderen Grund kann man von Glück sagen, dass sich dieser verhaltensauffällige „Gesundheitsexperte“ und „Arzt“, der in Wahrheit seit 25 Jahren Berufspolitiker ist, mit der einst von ihm gutgeheißenen Straffung nicht durchsetzen konnte: Andernfalls nämlich wäre er dank Corona wohl zum echten Halbgott aufgestiegen – weil es dann womöglich, als Folge seiner Rationalisierungsmaßnahmen, tatsächlich hunderttausende Tote und Triagen gegeben hätte, die ihm bei seinen totalitären Kontroll- und Notstandsgelüsten argumentativen Rückenwind verschafft und ihn in seiner Untergangsprophetie bestätigt hätten. Dass Lauterbach auch ohne diesen Horror Gesundheitsminister werden konnte, war stattdessen dann einem propagandistischen Kraftakt zu verdanken, der ihn trotz wider und wider nicht eingetretener Prognosen und erwiesener Lügen zum Messias verklärte. Er sei ein „Wahrsager“, der nur deshalb so vielen verhasst sei, weil er so oft recht behalten hätte, wurde kolportiert – dabei war das genaue Gegenteil der Fall. So entstand der Mythos des zu Ministerweihen gelangen „Experten“, des „Politikers mit Ahnung“. Über diesen Treppenwitz lachen sich Deutschlands Epidemiologen, die meisten Ärzte und Infektiologen mit tatsächlicher Berufserfahrung – wenn auch zumeist hinter vorgehaltener Hand – noch heute schlapp.

Quelle: Jouwatch